In der Gründungs- und der Wachstumsphase stehen Start-Ups vor der Herausforderung, das rasante Wachstum des Unternehmens zu finanzieren. Eine Finanzierung durch die Gründungsgesellschafter und eine Fremdkapitalfinanzierung durch Kredite von Banken genügen hierfür häufig nicht. Diese Lücke kann durch die Beteiligung von Investoren am Unternehmen geschlossen werden, die von der Geschäftsidee und dem weiteren Wachstumspotential des Start-Ups überzeugt sind. Nicht selten beabsichtigen die Gründungsgesellschafter keine strategische Partnerschaft, sondern eine kurz- bis mittelfristige Beteiligung des Investors mit dem Ziel, eine möglichst hohe Wertsteigerung des Start-Ups zu erzielen und diese durch einen Verkauf des Start-Ups oder der Geschäftsanteile des Investors zu realisieren.
Rechtstechnisch erhöht die Gesellschaft durch einen Kapitalerhöhungsbeschluss der Gründungsgesellschafter ihr Stammkapital, die neu geschaffenen Geschäftsanteile werden von dem Investor übernommen und dieser leistet neben der Einlage ein Aufgeld in Form einer Barzuzahlung (sog. Agio) in das Eigenkapital der Gesellschaft.
Die Rahmenbedingungen für die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung der Beteiligung und der Finanzierung vereinbaren die Gründungsgesellschafter mit dem Investor und Neugesellschafter regelmäßig in einem Beteiligungsvertrag. Hierbei handelt es sich um eine spezifische Form der Gesellschaftervereinbarung. Diese steht als schuldrechtliche Nebenabrede neben dem Gesellschaftsvertrag und ergänzt diesen. Der Vorzug einer Gesellschaftervereinbarung besteht insbesondere darin, dass die Regelungen der Gesellschaftervereinbarung – im Gegensatz zum Gesellschaftsvertrag – nicht im Handelsregister veröffentlicht werden müssen. Übliche Inhalte eines solchen Beteiligungsvertrags sind etwa: die Pflicht der Gründungsgesellschafter zur Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung und deren Durchführung, die Pflicht des Investors zur Übernahme der auf diesem Wege neu geschaffenen Geschäftsanteile und zur Zuzahlung eines Barbetrags in das Eigenkapital der Gesellschaft (sog. Agio), Regelungen zum Verwässerungsschutz sowie Regelungen über den Exit des Investors, z.B. die Pflicht oder das Recht der Gründungsgesellschafter, beim Exit des Investors ihre Geschäftsanteile auf Verlangen des Erwerbsinteressenten mitzuverkaufen (sog. drag-along-Pflicht bzw. tag-along-Recht).
In der Beratungspraxis führen die vorgenannten, typischen Regelungsinhalte zu der Frage, ob ein Beteiligungsvertrag bzw. die Änderung eines Beteiligungsvertrages der notariellen Beurkundung bedarf.
Eine Gesellschaftervereinbarung bedarf als schuldrechtliche Vereinbarung, im Gegensatz zu der – von Gesetzes wegen – notariell beurkundungsbedürftigen Satzung, im Ausgangspunkt keiner besonderen Form. Gleichwohl ist zu beachten, dass die gesamte Gesellschaftervereinbarung beurkundungsbedürftig wird, sobald sie eine beurkundungspflichtige Klausel enthält. Sofern dieses Formerfordernis nicht gewahrt wird, ist die gesamte Gesellschaftervereinbarung nichtig und somit von Anfang an unwirksam.
Neben den sich aus dem Gesetz unter anderem für die Abtretung, Belastung oder Übertragungsverpflichtung von Geschäftsanteilen ergebenen Beurkundungspflichten (z.B. bei Erwerbs- oder Verkaufs-Optionen oder drag-along-Rechten) hält die Rechtsprechung weitere Klauseln für beurkundungsbedürftig, welche lediglich die vertragliche Pflicht zur Vornahme beurkundungsbedürftiger Maßnahmen begründen. Dies betrifft insbesondere die Verpflichtung zur Durchführung einer Kapitalerhöhung, den Verzicht eines Gesellschafters auf sein Anteilsbezugsrecht im Rahmen einer künftigen Kapitalerhöhung oder die Übernahmeverpflichtung von Geschäftsanteile im Zuge einer Kapitalmaßnahme.
Diese überaus strenge Anwendung eines notariellen Beurkundungserfordernisses führt dazu, dass nicht bloß die – von Gesetzes wegen beurkundungsbedürftige – Durchführung der jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Maßnahme als solche, sondern bereits die vorgelagerte vertragliche Verpflichtung hierzu der notariellen Beurkundung bedarf. Diese Auffassung geht im Wesentlichen auf eine Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG Zweibrücken, Urteil v. 17.5.2022 – 8 U 30/19) zur Beurkundungspflicht einer Übernahmeverpflichtung von Geschäftsanteilen im Rahmen einer möglichen künftigen Kapitalerhöhung zurück.
Diese Auffassung erscheint vor dem systematischen Hintergrund, dass vorausgehende schuldrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich nur dann beurkundungsbedürftig sind, wenn das Gesetz dies ausdrücklich anordnet, nur schwer nachvollziehbar und ist daher auch in der Literatur auf massiven Widerstand gestoßen. So ist die Beurkundungsbedürftigkeit eines schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts zur Übertragung von Eigentum an einem Grundstück (§ 311b Abs. 1 BGB) sowie von Geschäftsanteilen einer GmbH (§ 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG) ausdrücklich in geregelt. Bisher vereinzelt bleibende Stimmen in der Literatur schließen sich dieser Auffassung des OLG Zweibrücken an. In der Praxis empfiehlt es sich, detailliert zu prüfen, ob eine Gesellschaftervereinbarungen vorsorglich notariell zu beurkunden ist bzw. welches wirtschaftliche Risiko eine mögliche Formunwirksamkeit der jeweiligen Gesellschaftervereinbarung nach sich zöge.
Gleiches gilt für Änderungen etwaiger Gesellschaftervereinbarungen. Auch für diese Konstellationen sieht das Gesetz ausdrücklich kein Erfordernis notarieller Beurkundungen vor. Anerkannt ist jedoch, dass die Änderungen von Regelungen in Gesellschaftervereinbarungen, die nach den obigen Maßstäben beurkundungsbedürftig sind, ihrerseits beurkundungsbedürftig sein können. Das ist dann der Fall, wenn die entsprechende Änderung der Beteiligungsvereinbarung nicht bloß klarstellende Wirkung hat, sondern derart wichtig ist, dass ohne sie die jeweilige Regelung, die eine Beurkundungsbedürftigkeit der Beteiligungsvereinbarung begründet, nicht bestehen soll. Auch insoweit empfiehlt es sich, im Vorfeld der Änderung einer Gesellschaftervereinbarung sorgsam zu prüfen, ob diese der notariellen Beurkundung bedarf.
Die Beurkundungspflicht von Gesellschaftsvereinbarungen ist demnach ein zentraler Aspekt, der bei der Gestaltung und Änderung solcher Vereinbarungen nicht unterschätzt werden sollte. Rechtsprechung und Literatur sind leider keine eindeutigen Rahmenbedingungen zu entnehmen, die für Verbindlichkeit und Rechtssicherheit sorgen – die Frage der Notwendigkeit der notariellen Beurkundung einer solchen Vereinbarung ist daher stets einer Einzelfallprüfung zu unterziehen. Um mögliche Formfehler und daraus resultierende Unwirksamkeiten von Gesellschaftervereinbarungen oder deren Änderungen zu vermeiden, ist eine frühzeitige rechtliche Beratung daher unerlässlich.