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BGH zu Löschansprüchen gegen Google

Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung noch einmal bekräftigt, dass der datenschutzrechtliche Anspruch auf Löschung auch solche Inhalte betreffen kann, die zunächst rechtmäßig veröffentlicht wurden (BGH Urteil vom 03.05.2022, Az. VI ZR 832/20). Im konkreten Fall hat ein verurteilter Straftäter von Google die Löschung von Inhalten aus dem Suchergebnis verlangt, in den ersten beiden Instanzen blieb der Betroffene damit erfolglos, die Revision zum BGH führte jetzt zumindest zu einer Zurückverweisung.

Der Betroffene wurde für eine 1988 begangene Tat wegen Mordes verurteilt und 2014 aus der Haft entlassen. Google hat in der Folgezeit bei der Suche nach dem Namen des Betroffenen die damaligen Presseberichte berücksichtigt, in denen über den Betroffenen und dessen Verurteilung bei voller Namensnennung berichtet wurde. Soweit der Betroffene gegenüber Google verlangt hat, dass die entsprechenden Berichte jedenfalls bei der Suche nach seinem Namen nicht mehr als Treffer angezeigt werden sollen, hat Google dieses Ansinnen abgelehnt.

Der BGH hat das Revisionsverfahren zum Anlass genommen, um noch einmal die Reichweite des Löschanspruchs gem. Art. 17 DSGVO im Kontext von Auslistungsverlangen bei Suchmaschinen herauszuarbeiten. Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass das „Recht auf Vergessenwerden“ ausdrücklich solche Fälle erfasst, bei denen eine Veröffentlichung zunächst nicht beanstandet werden kann, durch Zeitablauf sich danach aber die rechtliche Bewertung ändert. Der klassische Anwendungsfall für das Recht auf Vergessenwerden ist dabei die identifizierende Presseberichterstattung, wenn die Berichte dauerhaft abrufbar und über Suchmaschinen auffindbar bleiben. In diesem Fall sind Persönlichkeitsrechte des Betroffenen und die Pressefreiheit gegeneinander abzuwägen. Je länger eine Angelegenheit zurückliegt und je belastender die Darstellung für den Betroffenen sein kann, desto eher ergibt sich mit fortschreitender Zeit ein Anspruch des Betroffenen dahingehend, dass die Berichte – selbst wenn sie generell verfügbar bleiben – nicht so seiner Person zugeordnet werden, dass sie bei der Suche nach dem eigenen Namen angezeigt werden.

Im vorliegenden Fall hatte Google sich unter anderem damit verteidigt, dass der Algorithmus für die Reihenfolge der Suchergebnisse ohnehin schon die Aktualität berücksichtigt und daher ältere Berichte erst weiter hinten in den Suchergebnissen aufgeführt werden. Diese Sortierung unter Berücksichtigung der Aktualität soll dabei die Wahrnehmbarkeit von alten Inhalten ohnehin schon reduzieren. Hierzu hat der BGH ausgeführt, dass trotz der über die Zeit sinkenden Relevanz der entsprechenden Suchergebnisse immer noch eine erhebliche Beeinträchtigung des Betroffenen vorliegt. Durch den BGH wird dafür darauf verwiesen, dass gerade bei der Suche nach konkreten Personen unter Verwendung des Namens damit gerechnet werden muss, dass interessierte Kreise anders als bei dem üblichen Suchverhalten nicht nur die ersten Treffer zur Kenntnis nehmen, sondern jedenfalls auch die nachfolgenden Suchergebnisse noch überprüfen.

Die entsprechende Wertung des BGH lässt sich auch auf andere Bereiche übertragen, bei denen es um die Frage geht, ob zunächst rechtmäßig erhobene Daten noch gespeichert und verwendet werden dürfen. Erforderlich ist aber immer eine genaue Einzelfallprüfung, bei der die verschiedenen Aspekte einzeln gewichtet und bewertet werden müssen. Dies ist auch der Grund, weswegen der BGH in der Sache nicht abschließend entschieden hat.

Autoren

  • Dr. Sebastian Meyer LL.M.

    Rechtsanwalt und Notar mit Amtssitz in Bielefeld

    Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht)

    Datenschutzauditor (TÜV)


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