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Der Carve-out im Rahmen einer Unternehmenstransaktion

Von Zeit zu Zeit kann es dazu kommen, dass sich ein Unternehmer darüber Gedanken macht bzw. machen muss, welche Rolle bestimmte Sparten oder Teile innerhalb seines Unternehmens spielen und ob diese noch zusammenpassen. Diese Gedanken können etwa daraus resultieren, dass das Unternehmen in den vergangenen Jahren stark gewachsen und dabei das Kerngeschäft aus dem Blick geraten ist. Ein anderer Beweggrund kann darin liegen, dass sich verschiedene Bereiche innerhalb des Unternehmens unterschiedlich entwickelt haben. Es kann also profitablere und weniger profitablere Unternehmensteile geben. Dieser mögliche Befund hängt regelmäßig damit zusammen, dass bestimmte Teile ggf. nicht mehr zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens passen und folglich sowohl strategisch als auch wirtschaftlich eine untergeordnete Rolle spielen. Daneben und damit im Zusammenhang steht ebenfalls nicht selten die Motivation, frisches Kapital für das weitere Wachstum der durch den Unternehmer identifizierten Kernbereiche des Unternehmens zu beschaffen. Das dafür notwendige Kapital kann etwa durch das Herauslösen und den Verkauf von bestimmten Unternehmensteilen generiert werden.

Letztlich weisen jene und ggf. noch weitere Überlegungen die Gemeinsamkeit auf, dass sich der Unternehmer dazu entscheidet, einen bestimmten Teil aus seinem Unternehmen herauszulösen und zu verkaufen.

Vorüberlegungen

Eine solche Carve-out Transaktion bringt zusätzliche Komplexität in einen ohnehin schon komplexen Verkaufsprozess mit sich.

Dieses Mehr an Komplexität beginnt bei der erforderlichen detaillierten Planung des Carve-outs. Denn anders als bei einem „gewöhnlichen“ Unternehmensverkauf, bei dem die Vermögenswerte im Fall eines Asset Deals oder die Gesellschafts- bzw. Geschäftsanteile im Falle eines Share Deals bereits feststehen, muss der Umfang des Carve-outs, mithin der Umfang des herauszulösenden Unternehmensteils, vorab operativ und betriebswirtschaftlich ermittelt werden. Nachdem der Umfang bestimmt worden ist, ist die Transaktion im Gesamten zeitlich zu planen und rechtlich zu strukturieren.

Struktur

Bei der Strukturierung des Carve-outs bieten sich grundsätzlich drei Wege an:

  1. Der zu verkaufende Unternehmensteil wird im Wege eines Asset Deals übertragen. Mit anderen Worten werden sämtliche Vermögenswerte im Wege der Einzelrechtsnachfolge hinreichend genau bestimmt und an einen Erwerber verkauft und übertragen.
  2. Alternativ dazu kann im Vorfeld des eigentlichen Verkaufs des Unternehmensteils intern in der Sphäre des potentiellen Verkäufers eine Übertragung des herauszulösenden Unternehmensteils im Wege des Asset Deals oder durch Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz auf eine neu zu gründende Tochtergesellschaft stattfinden. Nach Abschluss dieser rein internen Übertragung folgt dann der Verkauf und die Übertragung dieser Tochtergesellschaft im Wege eines Share Deals an den Erwerber.
  3. Als dritte Alternative kommt der sogenannte Reverse Carve-out in Betracht. Dabei werden im Vorfeld des Verkaufs diejenigen Vermögenswerte, die der Verkäufer behalten möchte, aus dem anschließend zu veräußernden Unternehmensteil herausgelöst. Der dann noch verbleibende Unternehmensteil wird sodann in der Regel im Wege eines Share Deals an den Erwerber verkauft und übertragen.

In zeitlicher Hinsicht der Strukturierung des Carve-outs wäre zu überlegen, ob die vorbereitenden, internen Maßnahmen unabhängig von einem Verkaufsprozess vorab vollständig durchgeführt werden. Alternativ könnte der Carve-Out auch zwischen dem sog. Signing, mithin nach der Unterschrift des Unternehmenskaufvertrages, und vor dem sog. Closing, mithin vor dem Vollzug des Unternehmenskaufvertrages, erfolgen. Welche Abfolge man wählt, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls und den Gegebenheiten im Vorfeld des Verkaufs des Unternehmensteils ab.

Im Rahmen dieser Einzelfallanalyse sollte insbesondere berücksichtigt werden, ob und inwieweit das Vertragsportfolio des zu veräußernden Unternehmensteils übertragen werden kann. Denn im Zusammenhang mit der Einzelrechtsnachfolge ist es regelmäßig erforderlich, den Vertragspartner um Zustimmung für die Vertragsübernahme zu ersuchen. Ab einer bestimmten Anzahl von Verträgen, die nicht selten eine gewisse Relevanz für den Fortgang des zu übertragenden Unternehmensteils haben, kann dies zeitlich und organisatorisch einen erheblichen Mehraufwand bedeuten und nicht zuletzt die Transaktionssicherheit gefährden. In solchen Fällen wird sich im Zweifel die Übertragung mittels Gesamtrechtsnachfolge anbieten. In diesem Fall ist jedoch darauf zu achten, ob etwaige sog. Change of Control-Klauseln in den zu übertragenen Verträgen vereinbart sind. Denn diese würden dem Vertragspartner ein Kündigungsrecht einräumen, was wiederum ein erhebliches Risiko für den Erwerber des zu veräußernden Unternehmensteils bedeuten würde. Diesen Risiken kann durch bestimmte Regelungen in dem Unternehmenskaufvertrag begegnet werden, etwa derart, dass die Abwicklung von zu übernehmenden Verträgen im Innenverhältnis zwischen Verkäufer und Erwerber geregelt wird. Ob und inwieweit dies möglich und zweckmäßig ist, bedarf wiederum der Prüfung und Entscheidung im Einzelfall.

Neben der Grundüberlegung einer Struktur der Carve-out Transaktion ist weiter insbesondere das Augenmerk auf die Absicherungen im Unternehmenskaufvertrag zu werfen. So können Asset Garantien eine gewisse Sicherheit dafür bieten, dass der ausgegliederte Unternehmensteil mit den entsprechenden Vermögenswerten fortführungsfähig ist und sämtliche Assets vorhanden sind, die für die Fortführung erforderlich sind.

Wie bei „gewöhnlichen“ Unternehmenstransaktionen spielen auch Bilanzgarantien bei einem Carve-out eine wichtige Rolle. Da regelmäßig für den ausgegliederten Unternehmensteil noch kein Jahresabschluss vorliegt, behilft man sich regelmäßig mit sog. Pro-Forma Bilanzen bzw. einem Pro-Forma Abschluss. Diese werden im Vorfeld der Transaktion zwischen dem Verkäufer und Erwerber abgestimmt und sind sodann auch einer Bilanzgarantie durch den Verkäufer zugänglich.

Schluss

Wie aufgezeigt, kann dem unternehmerischen Bedürfnis des Verkaufs von einzelnen Unternehmensteilen, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr zum Unternehmen passen, nachgekommen werden, indem man diese zuvor identifiziert, aus dem Unternehmen herauslöst und anschließend verkauft. Dadurch kann sich das Unternehmen auf das Kerngeschäft fokussieren und notwendiges Kapital für dessen Fortentwicklung erzielen. Die damit einhergehende zusätzliche Komplexität sollte mit einer frühzeitigen Planung sowohl hinsichtlich der Struktur, als auch hinsichtlich des Zeitplans begegnet werden. Das ist die Grundlage für die Umsetzung des Carve-outs, sodass dieser mit dem gewünschten Erfolg abgeschlossen werden kann.

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