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Die Abgabe rechtsverbindlicher Willenserklärungen über Messenger-Dienste

Das OLG München (Urt. v. 11.11.2024 - 19 U 200/24 e) hat sich kürzlich mit der Frage beschäftigt, ob die rechtsgeschäftlich vereinbarte Schriftform mittels einer über WhatsApp versandten Mitteilung gewahrt wird. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsstreit stritten die Parteien um wechselseitige Ansprüche aus einem Neuwagenkauf eines PKWs. Der Kaufvertrag enthielt eine Klausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedurften. Strittig war, ob der klagende Käufer mittels einer über den Messenger-Dienst WhatsApp versandten Textnachricht rechtsverbindlich der Verschiebung des vereinbarten Liefertermins zugestimmt hat.

Nach § 127 Abs. 2 S. 1 BGB genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form die telekommunikative Übermittlung. Ein Text muss so zugehen, dass er dauerhaft aufbewahrt werden oder der Empfänger einen Ausdruck anfertigen kann. Es genügt insoweit eine in Schriftzeichen lesbare verkörperte E-Mail (BT-Drucks. 14/4987 S. 20).

Nach Auffassung des OLG München wird den Anforderungen des § 127 Abs. 2 S. 1 BGB auch mit einer über einen Instant-Messaging-Dienst wie WhatsApp versandten Textnachricht genüge getan. Der Senat führt an, dass die Dauerhaftigkeit und Reproduzierbarkeit bei WhatsApp durch regelmäßig erstellte Backups in der Cloud sichergestellt sei. Durch Anfertigen eines Screenshots oder einer Export-Datei sowie digital durch Weiterleiten der Nachricht bestünde auch die Möglichkeit, die Nachricht zu reproduzieren.

Ob eine über einen Messenger-Dienst versandte Textnachricht den Anforderungen von § 127 Abs. 2 S. 1 BGB gerecht wird, ist in der Rechtsprechung jedoch nicht unumstritten. So setzt sich der Senat mit seinen Ausführungen in Widerspruch zu der Rechtsprechung des OLG Frankfurt a. M. (Urt. v. 21.12.2023 – 15 U 211/21). Das OLG Frankfurt a. M. ist der Auffassung, dass die rechtsgeschäftlich vereinbarte Schriftform durch eine WhatsApp-Mitteilung nicht gewahrt wird. Zur Begründung wird neben der nach Ansicht des OLG Frankfurt fehlenden Möglichkeit der dauerhaften Archivierung und des Ausdrucks auch der mit dem Formerfordernis bezweckte Übereilungsschutz ins Feld geführt. Die typische Art und Weise der Benutzung stünde der Wahrung des Formerfordernisses entgegen. Messenger-Dienste werden für gewöhnlich nur zum raschen Austausch privater Nachrichten, nicht jedoch zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen genutzt. Das OLG Frankfurt a. M. kam daher zu dem Ergebnis, dass es der mittels WhatsApp erklärten Mängelrüge an der erforderlichen Schriftlichkeit i. S. v. § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B fehlte.

Bis zu einer höchstrichterlichen Klärung der Rechtsfrage bleibt damit unsicher, ob die rechtsgeschäftlich vereinbarte Schriftform mittels einer über einen Messenger-Dienst versandten Mitteilung gewahrt wird. Letztlich kam es aber auch in dem Rechtsstreit, der vor dem OLG München verhandelt wurde, nicht entscheidend auf die Frage der Wahrung der Schriftform an. Der Senat hatte sich neben der Frage der Wahrung der Schriftform auch mit dem Erklärungswert und Bedeutungsgehalt sog. Emoji zu befassen. Der Senat sprach der streitentscheidenden Textnachricht nicht den ihr seitens des beklagten Autohauses erblickten Inhalt zu.

 

Ein rechtsverbindlicher Wille kann auch mittels eines Emojis erklärt werden. Ob der Verwender eines Emojis eine rechtsverbindliche Erklärung abgibt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Das OLG München kam zu dem Ergebnis, dass durch die Verwendung des "Grimassen schneidendes Gesicht“-Emoji (Unicode: U+1F62C) anders als durch die Verwendung des „Daumen hoch“-Emoji (Unicode: U+1F44D) keine Zustimmung signalisiert werde. Grundsätzlich können demnach auch Verträge unter Einsatz eines Emojis zustande kommen. Aufgrund des rechtsverbindlichen Erklärungsgehalts, dem ein Emoji zukommen kann, ist bei der Verwendung von Emojis im Rahmen digitaler Kommunikation im geschäftlichen Verkehr Zurückhaltung geboten.

 

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