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Haftungsrisiken der Produkthaftung verstehen und reduzieren

Haftungsrisiken der Produkthaftung verstehen und reduzieren

Der Themenbereich Produkthaftung ist für viele Unternehmen zwar ein präsentes, aber eher undurchsichtiges Themengebiet. Wann haftet wer für welche Schäden und wie kann das Haftungsrisiko verringert werden? Wie spielen technische Regeln und Normen im Rahmen der Haftung eine Rolle? Kann auch der einzelne Mitarbeiter haftungsrechtlich in Anspruch genommen werden? Diese und weitere Fragen werden durch das Produkthaftungsrecht beantwortet.

 

Das Produkthaftungsrecht

Das Produkthaftungsrecht regelt die zivilrechtliche Haftung von Herstellern und anderen Verantwortlichen für Schäden, die durch fehlerhafte Produkte verursacht werden. In Deutschland ist die Produkthaftung vorrangig durch das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) geregelt. Flankiert wird dies durch allgemeine zivilrechtliche Vorschriften, insbesondere aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Haftungssubjekt ist dabei nicht nur der Hersteller des Endprodukts. Auch Zulieferer, Importeure, Quasi-Hersteller und auch Händler können haften.

Relevant sind nach dem ProdHaftG Fehler in der Konstruktion, Fabrikation und Instruktion. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt des Inverkehrbringens. Über die sog. Produzentenhaftung, welche die Rechtsprechung aus § 823 Abs. 1 BGB entwickelt hat, kommt zudem eine Produktbeobachtungspflicht hinzu, die nicht „am Werkstor“ und nicht im Zeitpunkt des Inverkehrbringens endet.

Abzugrenzen von der Produkthaftung mit ihren deliktischen Ansprüchen sind die vertraglichen Ansprüche, wie Gewährleistung und Garantie, die von bzw. gegen den jeweiligen Vertragspartner geltend gemacht werden können. Für viele ist die Abgrenzung im Alltag aber schwer.

Eine Abgrenzung hat zudem auch zum Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) zu erfolgen. Dieses umfasst Rechtsvorschriften, die keine spezifischen Bestimmungen über die Haftung von Unternehmen enthalten, sondern – wie die Bezeichnung des Gesetzes vermuten lässt – die Sicherheit des Produkts insgesamt regulieren. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Einhaltung produktsicherheitsrechtlicher Anforderungen nicht notwendigerweise von einer Haftung befreit. Die einzuhaltenden Sorgfaltspflichten werden also durch das ProdSG ausgestaltet, nicht aber vollständig ausgefüllt.

 

Künftige Haftungsverschärfung durch neue Produkthaftungsrichtlinie der EU

Die derzeitige Rechtslage ist zudem mit einem Ablaufdatum versehen. Das derzeitige ProdHaftG setzt die EU-Produkthaftungsrichtlinie aus dem Jahr 1985 um. Durch den gesellschaftlichen Wandel und insbesondere die Digitalisierung entspricht das ProdHaftG nicht mehr dem Stand der Zeit. Es liegt daher auch bereits ein Vorschlag der EU-Kommission für eine neue Produkthaftungsrichtlinie vor, dessen Verabschiedung in absehbarer Zukunft folgen wird und welche das Produkthaftungsgesetz an einigen Punkten deutlich modifizieren wird.

So wird beispielsweise Software demnächst ausdrücklich von dem Produktbegriff erfasst, was zuvor nicht der Fall war. Ebenso wird auch der persönliche Anwendungsbereich erweitert. Auch Fulfillment-Dienstleister und Anbieter von Online-Verkaufsplattformen sind dann als Haftungssubjekte genannt. Ebenso wird die Ersatzfähigkeit von Schäden ausgeweitet. Künftig werden auch Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit sowie die Beschädigung und der Verlust von Daten als Schaden anerkannt. Haftungsprivilegien, wie der derzeit bestehende Selbstbehalt der Verletzten in Höhe von 500 € für Sachschäden sowie die Haftungshöchstgrenze von 85 Millionen Euro bei Personenschäden werden ersatzlos abgeschafft.

Mit der Verabschiedung der neuen Produkthaftungsrichtlinie und dessen Umsetzung im nationalen Recht droht damit eine Haftungsverschärfung, die unternehmerseitig einkalkuliert werden sollte.

 

Persönliche Haftung verantwortlicher Mitarbeitender

Neben dem Unternehmen können auch Mitarbeitende in zivilrechtlicher oder strafrechtlicher Hinsicht für Produktfehler haften. So kommt bereits eine Haftung der Mitarbeitenden gegenüber ihrem eigenen Arbeitgeber in Betracht, wobei die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs zu berücksichtigen sind. Den einzelnen Mitarbeiter können aber auch Verkehrssicherungspflichten treffen, deren schuldhafte Verletzung eine deliktische Schadensersatzhaftung nach sich ziehen kann. Das ProdHaftG adressiert hingegen nicht den einzelnen Mitarbeiter.

Letztlich ist auch eine strafrechtliche Produkthaftung nicht ausgeschlossen. In der Rechtsprechung wurden bereits Geschäftsführer und leitende Mitarbeiter wegen fahrlässiger oder gar vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt (vgl. nur den sog. Lederspray-Fall (BGH, Urteil vom 06.07.1990 - 2 StR 549/89, https://openjur.de/u/59498.html) oder die Holzschutzmittel-Entscheidung (BGH, 02.08.1995 - 2 StR 221/94, https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/2/94/2-221-94.php).


Handlungsempfehlungen für Ihr Unternehmen

All diese Punkte sollten im Unternehmen bekannt sein und durch entsprechende Maßnahmen adressiert werden. Allein zum Schutze des Unternehmens vor finanziellen Einbußen und Reputationsschäden lohnt sich eine genauere Betrachtung dieses Themenkomplexes.

 

Sofern die Branche durch technische Regeln und Normen ausgestaltet wird, wie beispielsweise die Automobilbranche durch die VDA-Richtlinien, lohnt sich eine Orientierung an diesen Richtlinien, um Haftungsrisiken zu minimieren. Eine Beschränkung auf die Einhaltung der Regeln und Normen ist jedoch nicht angeraten. Darüber hinaus sollten auch eigene Risikoanalysen erfolgen, auf die entsprechende Maßnahmen, wie Dokumentationen oder Qualitätskontrollen folgen sollten. Ebenso sollten die Mitarbeitenden betreffend Produktsicherheit und Produkthaftung regelmäßig geschult und sensibilisiert werden.

In Zweifelsfällen sollte zudem nicht davor gescheut werden, auch eine fachliche Beratung, beispielsweise durch Sicherheitsberater oder Rechtsanwälte, in Anspruch zu nehmen. So können schwerwiegende Folgen sowie eine persönliche Haftung reduziert oder ganz vermieden werden.

 

Unsere Produkthaftungsschulungen

Eine ausführliche Erläuterung der Produkthaftung mit all ihren Facetten bieten wir gerne im Rahmen einer Produkthaftungsschulung auch in Ihrem Unternehmen an. Schulungen zum Thema Produkthaftung helfen dabei, das Bewusstsein für potenzielle Risiken zu schärfen und sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden über die rechtlichen Anforderungen informiert sind. Unsere Produkthaftungsschulungen bieten Ihnen:

  • Praxisnahe Einblicke: Wir vermitteln die rechtlichen Grundlagen und kombinieren sie mit praktischen Beispielen aus der Unternehmenswelt.
  • Individuelle Beratung: Unsere Schulungen sind auf Ihre Branche und spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten.
  • Aktuelle Rechtsprechung und Best Practices: Wir halten Sie über neue Entwicklungen im Produkthaftungsrecht auf dem Laufenden und zeigen, wie Sie Ihre Prozesse optimieren können.

 

Sprechen Sie uns gerne an. Ansprechpartner ist Dr. Daniel Wittig (daniel.wittig@brandi.net).

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