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Aktuelle ThemenArbeitsrecht

Impfstatus von Arbeitnehmern abfragen und berücksichtigen?

Inzwischen sind in Deutschland über 60 % der Bevölkerung vollständig geimpft, und für jede noch nicht geimpfte Person, für die eine Impfempfehlung besteht, gäbe ausreichend Angebote. Darüber hinaus gibt es eine höhere Anzahl genesener Personen. Für Arbeitgeber stellt sich damit immer dringender die Frage, ob sie den Impfstatus (genauer: Immunisierungsstatus) ihrer Arbeitnehmer abfragen und ggfls. für betrieblich-organisatorische Fragen berücksichtigen dürfen.

Das BMAS (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) geht offenbar davon aus, dass Arbeitgeber schon bisher den Impfstatus ihrer Arbeitnehmer berücksichtigen durften, wenn er ihnen denn bekannt geworden ist (vgl. Pressemeldung vom 01.09.2021). In der Corona-Arbeitsschutzverordnung ist dies nunmehr auch in § 2 Abs. 1 Satz 3 ausdrücklich geregelt (seit 10.09.2021 in Kraft).

Der Gewinn an Rechtssicherheit ist allerdings überschaubar. Denn ungeregelt bleibt weiter die Frage, unter welchen Voraussetzungen diese Kenntnis über den Immunisierungsstatus erlangt worden sein darf.

  • Müssen Mitarbeitende explizit mitteilen, dass sie immunisiert sind?
  • Oder reicht eine Kenntnis vom „Hörensagen“ (denn innerhalb eines Betriebs ist oft sehr genau bekannt, wer geimpft ist und wer nicht)?
  • Gibt es eine Art „Verwertungsverbot“ von Kenntnissen ohne korrespondierendes Fragerecht? Auch ist nicht beantwortet, welche konkreten Maßnahmen im Einzelnen an diese Kenntnis geknüpft werden darf.
  • Dürfen beispielsweise für immunisierte Personen sämtliche Einschränkungen weggefallen und für die übrigen nicht?
  • Können nicht immunisierte Personen von bestimmten Tätigkeiten ausgeschlossen werden, oder wäre dies mit Blick auf die auch soziale Funktion der Arbeit nicht zu rechtfertigen?

An klaren, rechtsverbindlichen Vorgaben mangelt es.

Für das aktive Fragerecht gilt: In Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäuser gibt es (unabhängig von Corona) schon seit einigen Jahren eine entsprechende gesetzliche Grundlage für ein Auskunftsrecht. Hinzu kommen aufgrund der Änderungen des § 36 IfSG seit dem 10.09.2021 nun Frage- und Auskunftsbefugnisse in bestimmten Betreuungseinrichtungen (insbesondere Kitas, Schulen, aber auch Ferienlager u.ä.), Seniorenheime und ähnliche Einrichtungen für ältere, behinderte oder sonst pflegebedürfte Menschen sowie bestimmten Unterkünften (insbesondere Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünfte sowie Justizvollzugsanstalten).

Was in anderen Bereichen gilt, ist nicht gänzlich klar. Geht man davon aus (was umstritten ist), dass den neuen Regelungen eine eher klarstellende und keine konstitutive Funktion zukommt, gelten in allen übrigen Bereichen keine Verbote, sondern allgemeine Vorschriften des Arbeits- und Datenschutzrechts. Dementsprechend ist auch hier angesichts der Vorsorgepflicht des Arbeitgebers und seiner berechtigten Anliegen eine Interessenabwägung vorzunehmen. So wird diskutiert, ob das Interesse des Arbeitgebers an der ordentlichen Betriebsführung und angesichts seiner Pflicht zum vorsorglichen Schutz seiner Mitarbeitenden oder das Interesse der Betroffenen an der Vertraulichkeit ihrer Gesundheitsdaten überwiegt. Letztlich wird sich diese Frage im Einzelfall für jede Branche und jeden Betrieb beantworten müssen. Insbesondere angesichts der Ausweitung der 2G-Regelungen könnte sich für betroffene Betriebe hier ein Grund ableiten lassen, auch die Mitarbeitenden entsprechend zu befragen und ggfls. statusabhängig einsetzen zu können.

Bedauerlich ist, dass der Gesetzgeber die Arbeitgeber mit diesen Fragen weitgehend allein lässt und ihnen die Unsicherheit einer rechtlichen Bewertung zumutet.

- BMAS geht davon aus, dass erlangtes Wissen über den Impfstatus bereits in der Vergangenheit berücksichtigt werden durfte (siehe Pressemitteilung vom 01.09.2021), jetzt wird dies in § 2 Abs. 1 Satz 3 Corona-ArbSchVO ausdrücklich geregelt

- Genaueres (wie erlangt bspw.) wird nicht geregelt

- Gesetzesänderung: bestimmte Arbeitgeber dürfen jetzt nach dem Impfstatus fragen § 36 IfSG

Infektionsschutz bei bestimmten Einrichtungen, Unternehmen und Personen; Verordnungsermächtigung

(1) Folgende Einrichtungen und Unternehmen müssen in Hygieneplänen innerbetriebliche Verfahrensweisen zur Infektionshygiene festlegen und unterliegen der infektionshygienischen Überwachung durch das Gesundheitsamt:

  • 1. die in § 33 genannten Gemeinschaftseinrichtungen mit Ausnahme der Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 2,
  • 2. nicht unter § 23 Absatz 5 Satz 1 fallende voll- oder teilstationäre Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen oder vergleichbare Einrichtungen,
  • 3. Obdachlosenunterkünfte,
  • 4. Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, vollziehbar Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern,
  • 5. sonstige Massenunterkünfte,
  • 6. Justizvollzugsanstalten sowie
  • 7. nicht unter § 23 Absatz 5 Satz 1 fallende ambulante Pflegedienste und Unternehmen, die den Einrichtungen nach Nummer 2 vergleichbare Dienstleistungen anbieten; Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne von § 45a Absatz 1 Satz 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch zählen nicht zu den Dienstleistungen, die mit Angeboten in Einrichtungen nach Nummer 2 vergleichbar sind.

(2) Einrichtungen und Unternehmen, bei denen die Möglichkeit besteht, dass durch Tätigkeiten am Menschen durch Blut Krankheitserreger übertragen werden, sowie Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 2 können durch das Gesundheitsamt infektionshygienisch überwacht werden.

(3) [neu] Sofern der Deutsche Bundestag nach § 5 Absatz 1 Satz 1 eine epidemische Lage von nationaler Tragweite  festgestellt  hat  und  soweit  dies  zur  Verhinderung  der  Verbreitung  der  Coronavirus-Krankheit-2019  (COVID-19)  erforderlich  ist,  darf  der  Arbeitgeber  in  den  in  den  Absätzen  1  und 2 genannten Einrichtungen und Unternehmen personenbezogene Daten eines Beschäftigten über dessen Impf- und Serostatus in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) verarbeiten, um über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder über die Art und Weise einer Beschäftigung zu entscheiden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des allgemeinen Datenschutzrechts.

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