Brandi mbB - Logo

Beitrag

Aktuelle ThemenArbeitsrecht

Kein Hinweis – keine Verjährung

Mitwirkungsobliegenheit bei Urlaubsansprüchen

Bereits im Jahr 2018 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) geurteilt, dass Urlaubsansprüche am Jahresende bzw. am Ende eines Übertragungszeitraumes nicht verfallen können, wenn ArbeitnehmerInnen nicht zuvor durch ihren Arbeitgeber in die Lage versetzt wurden, den Anspruch wahrzunehmen und auf den drohenden Verfall hingewiesen wurden.

Die Mitwirkungsobliegenheit hat mit einer aktuellen Entscheidung des EuGH vom 22.09.2022 noch mehr Bedeutung bekommen. Offen war bisher die Frage, ob die Ansprüche – auch wenn sie nicht verfallen – gleichwohl verjähren können. In Deutschland gilt eine allgemeine Verjährungsfrist von 3 Jahren. Die Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der/die Arbeitnehmer(in) Kenntnis vom Anspruch hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis hätte haben müssen. Eine Mitwirkungsobliegenheit einer Vertragspartei gibt es nicht.

Der EuGH urteilte nun, dass die Verletzung der Mitwirkungspflicht bei der Urlaubgewährung nicht nur den Verfall des Urlaubsanspruchs verhindert, sondern auch zur Folge hat, dass der Urlaubsanspruch nicht innerhalb von drei Jahren verjährt. Die deutsche Regelverjährungsfrist sei nicht mit der Arbeitszeitrichtlinie und der Grundrechte Charta der Europäischen Union vereinbar. Begründet wird dies damit, dass der/die Arbeitnehmer(in) die schwächere Vertragspartei sei und die Pflicht zur Wahrnehmung des Jahresurlaubs nicht allein bei ihr liegen solle. Der Anspruch verjähre nur, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Dazu müsse der Arbeitgeber Vorkehrungen treffen und ArbeitnehmerInnen in die Lage versetzen, den Urlaub tatsächlich wahrzunehmen. Er müsse seinen Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten gegenüber den ArbeitnehmerInnen nachkommen. Beides müsse so rechtzeitig erfolgen, dass späte Anträge vermieden werden und der Urlaub tatsächlich genommen werden kann.

Die Hoffnung auf Arbeitgeberseite, dass jedenfalls nach Ablauf der deutschen Regelverjährungsfrist von drei Jahren ohne weiteres Rechtssicherheit eintritt, hat sich nicht erfüllt. Spätestens nach dieser Entscheidung sollte jeder Arbeitgeber mindestens einmal im Jahr alle ArbeitnehmerInnen über den Stand ihrer Urlaubsansprüche informieren, zur Urlaubsbeantragung auffordern und auf drohenden Verfall hinweisen.

Autoren