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Aktuelle ThemenArbeitsrecht

Kurzarbeit – die „neuen alten Regeln“

In vielen arbeitsrechtlichen Beratungsgesprächen ist in diesen Tagen vermehrt das Wort „Kurzarbeit“ zu hören – Grund genug, einmal die aktuellen Voraussetzungen zu rekapitulieren. Pandemiebedingt hatte der Gesetzgeber auf der Grundlage von Verordnungsermächtigungen einen erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld geschaffen. Die sehr unübersichtlichen Sonderregelungen sind allesamt mit Ablauf des 30.06.2023 außer Kraft getreten. Aktuell gilt (wieder) folgendes:

  • Ein erheblicher Arbeitsausfall liegt dann vor, wenn im jeweiligen Kalendermonat insgesamt mindestens ein Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall in Höhe von mehr als 10 Prozent des monatlichen Bruttoentgeltes betroffen sind. Die bis zum 30.06.2023 geltende Grenze von 10 Prozent der Arbeitnehmer ist nicht mehr aktuell.
  • Der auf diese Weise definierte erhebliche Arbeitsausfall muss auf wirtschaftlichen Gründen oder auf einem unabwendbaren Ereignis beruhen. Aktuell mag man etwa an den Ausfall von Lieferanten infolge des Krieges in der Ukraine oder infolge erheblich gestiegener Energiepreise denken.
  • Während bis zum 30.06.2023 Urlaubsansprüche nicht eingesetzt werden mussten, um den fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten zu begegnen, ist dies aktuell wieder zwingend erforderlich.
  • Dasselbe gilt für Arbeitszeitguthaben: Die pandemiebedingten Sonderregelungen hatten es erlaubt, dass die Möglichkeiten zur Arbeitszeitflexibilisierung nicht genutzt werden mussten. Auch dies hat sich wieder geändert: Alle im Betrieb vorhandenen Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Arbeitszeit müssen vor Einführung der Kurzarbeit ausgeschöpft werden.
  • Ist der Zugang zum Kurzarbeitergeld einmal eröffnet, erhalten die Arbeitnehmer aktuell wieder 60 Prozent (bzw. bei mindestens einem Kind im Haushalt 67 Prozent) der Nettoentgeltdifferenz zwischen Ist- und Soll-Entgelt. Bis zum 30.06.2023 betrug die Höhe des Kurzarbeitergeldes bis zu 87 Prozent der Nettoentgeltdifferenz.
  • Die maximale Bezugsdauer war bereits zum 01.07.2022 von vormals 28 Monate auf nunmehr wieder 12 Monate reduziert worden.
  • Während der Pandemie wurde ein Hinzuverdienst aus geringfügiger Beschäftigung auf das Ist-Entgelt nicht angerechnet. Seit dem 01.07.2023 wird Entgelt aus einer während der Kurzarbeit aufgenommenen weiteren Beschäftigung wieder auf das Ist-Entgelt angerechnet.
  • Die Möglichkeit, die Anzeige auch im Folgemonat zu erstatten, ist ebenfalls mit Ablauf des 30.06.2023 entfallen.
  • Kurzarbeit in der Arbeitnehmerüberlassung ist nach dem 30.06.2023 nicht mehr möglich.

Die Verordnungsermächtigungen, auf deren Grundlage die oben geschilderten Ausnahmeregelungen in Kraft gesetzt wurden, waren bis zum 30.06.2023 befristet. Wenn der Gesetzgeber erneut „außergewöhnliche Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt“ feststellen sollte, wäre es ein Leichtes, die Maßnahmen ganz oder teilweise wieder in Kraft zu setzen. Das rechtliche Instrumentarium liegt noch „in der Schublade“.

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