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Leistung durch Dritte (§ 267 BGB): Risiko der Insolvenzanfechtung

In Lieferbeziehungen hat der Schuldner regelmäßig nicht in Person zu leisten. Grund hierfür ist, dass den Gläubiger der Leistungserfolg interessiert, nicht aber wer ihm den Kaufpreis zahlt. Dem trägt der entsprechende Wortlaut von § 267 Abs. 1 BGB Rechnung. Mag sich der Gläubiger damit in Situationen, in denen der Käufer insolvent ist, zunächst glücklich schätzen sein Geld noch bekommen zu haben, so droht ihm im Falle auch der Insolvenz des Dritten die mitunter gravierende Überraschung einer Insolvenzanfechtung wegen unentgeltlicher Leistung, § 134 Abs. 1 InsO. Das beschriebene Szenario verwirklicht sich insbesondere bei Unternehmensgruppen, in denen zunächst ein überschuldetes Tochterunternehmen kauft und ein anderes zahlt, bevor es selbst insolvent wird.

Gemäß § 134 Abs. 1 InsO ist eine unentgeltliche Leistung des Insolvenzschuldners anfechtbar, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

Ungeachtet des erforderlichen Merkmals einer gläubigerbenachteiligenden Leistung des Insolvenzschuldners im anfechtungsrelevanten Zeitraum ist zentrale Voraussetzung für die Anfechtung die Unentgeltlichkeit der Leistung. Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn ein Vermögenswert des Insolvenzschuldners zugunsten einer anderen Person aufgegeben wurde, ohne dass dem Insolvenzschuldner ein entsprechender Vermögenswert zugeflossen ist. Bei der Beurteilung, ob Unentgeltlichkeit vorliegt, ist nur das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte maßgeblich. Zudem ist zwischen dem Zwei-Personen-Verhältnis und dem Drei-Personen-Verhältnis zu unterscheiden. Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Verfügung als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäftes keine Leistung gegenübersteht.

Spannend wird es im Drei-Personen-Verhältnis, denn dort kommt es bei der Beurteilung der Unentgeltlichkeit nicht mehr darauf an, ob der leistende Dritte selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat. Entscheidend ist vielmehr, ob der Zuwendungsempfänger, also der Gläubiger, seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hatte. Hat der Dritte die gegen den Käufer gerichtete Kaufpreisforderung des Verkäufers beglichen, liegt dessen Gegenleistung in der Regel darin, dass er mit der Leistung eine werthaltige Forderung gegen den Käufer verliert. Insoweit erbringt er ein Vermögensopfer, das die Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO ausschließt. Ist hingegen die Forderung des Verkäufers gegen den Käufer wertlos, verliert dieser wirtschaftlich nichts, was als Gegenleistung für die Zuwendung des Dritten angesehen werden könnte. Gegenüber den Insolvenzgläubigern des Dritten ist der Verkäufer dann nicht schutzwürdig, weil er ohne dessen Leistung seine Kaufpreisforderung nicht gegen den Käufer hätte durchsetzen können. Wegen der fehlenden Schutzwürdigkeit ist die Zahlung des Dritten dann über § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar.

Um der Anfechtung zu entgehen, ist der Unentgeltlichkeit vorzubeugen. Dies gelingt beispielsweise durch die Vereinbarung von Vorkasse. Liefert der Verkäufer nämlich erst nach der Zahlung des Kaufpreises durch den Dritten, so liegt eine Gegenleistung vor und die Unentgeltlichkeit scheidet aus. Nach § 267 Abs. 2 BGB kann der Verkäufer eine Leistung des Dritten ohne Widerspruch des Käufers nicht ablehnen. Um einer Anfechtung in der vorgestellten Konstellation auch im Übrigen zu entgehen, ist zu erwägen im Vertrag ausdrücklich die persönliche Leistungspflicht des Käufers zu vereinbaren.

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