Nach einer Vielzahl von Entlastungsmaßnahmen hat der Deutsche Bundestag mit dem Strompreisbremsen- (StromPBG) und dem Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) noch im Jahr 2022 eine Deckelung der Energiepreise vorgenommen. Auswirken sollen sich die Entlastungen schon seit Januar 2023, wovon allerdings erst im März etwas zu spüren sein wird. Im Unterschied zu anderen Corona- und Energiekrise-Hilfen soll diese Entlastung bei den Verbrauchern ankommen, ohne dass diese tätig werden müssen. Es bedarf keines Antrags, sondern die Energieversorgungsunternehmen müssen von sich aus tätig werden und die Entlastungen an ihre Kunden weitergeben.
Kann sich nun tatsächlich jeder zurücklehnen, der von den Preisbremsen profitieren wird? Für die große Mehrheit der (insbesondere privaten) Energieverbraucher kann man diese Frage bejahen. Handelt es sich aber um größere Unternehmen, mehrere verbundene Unternehmen oder besonders energieintensive Betriebe, kann die Antwort anders ausfallen.
1. Ermittlung der Entlastungshöhe
In einem ersten Schritt sollten Unternehmen ermitteln, in welcher Größenordnung sie von den Entlastungen profitieren werden. Für Gas und Wärme ist die Höhe der Entlastung und das Entlastungskontingent abhängig davon, ob der Verbrauch bei über 1.500.000 kWh/Jahr liegt. Die Strompreisbremse differenziert ab einem Verbrauch von mehr als 30.000 kWh/Jahr.
2. Höchstgrenzen
Aus beihilferechtlichen Gründen hat der Gesetzgeber darüber hinaus bestimmte relative und absolute Höchstgrenzen vorgesehen. In Abhängigkeit von der Höhe der zu erwartenden Entlastung müssen weitere Voraussetzungen erfüllt werden (absolute Höchstgrenze) und die Entlastung wird gedeckelt (relative Höchstgrenze).
Dabei sind folgende Stufen zu differenzieren:
- Bis 2 Mio. €: Keine Besonderheiten zu beachten
- Bis 4 Mio. €: Entlastung max. in Höhe von 50 % der krisenbedingten Energiemehrkosten
- Bis 50 Mio. €: Entlastung nur bei besonderer Betroffenheit und Energieintensivität und max. in Höhe von 65 % der krisenbedingten Energiemehrkosten
- Bis 100 Mio. €: Entlastung nur bei besonderer Betroffenheit und max. in Höhe von 40 % der krisenbedingten Energiemehrkosten
- Bis 150 Mio. €: Entlastung nur bei besonderer Betroffenheit, Energieintensivität und spezieller Branchenzugehörigkeit und max. in Höhe von 80 % der krisenbedingten Energiemehrkosten.
Die maßgebliche Höhe der Entlastung bezieht sich bei den absoluten Höchstgrenzen auf eine Gesamtbetrachtung verbundener Unternehmen, während für die relative Höchstgrenze das einzelne Unternehmen zu betrachten ist. Zudem sind sämtliche Entlastungen aufgrund der gestiegenen Energiepreise zu addieren (Strom-, Gas- und Wärmepreisbremse, EKDP etc.).
3. Mitteilungspflichten
Die Gesetze sehen zudem bestimmte Mitteilungspflichten vor, die bei Verstößen zu Bußgeldern führen können. Geordnet nach der Höhe der Entlastung sind folgende Pflichten zu beachten:
- Ab 100.000 € in 2023: Grunddaten an den Übertragungsnetzbetreiber (30.06.2024)
- Ab 150.000 € monatlich:
- Mitteilung an den Stromversorger/Lieferanten (31.03.2023)
- Weitere Mitteilung an den Stromversorger/Lieferanten (31.12.2023-31.05.2024)
- Ab 2 Mio. € in 2023: Mitteilung über verbundene Unternehmen und Entlastungsbeträge an Stromversorger/Lieferant (Unverzüglich nach Kenntnis!)
- Ab 50 Mio. € in 2023: Vorlage eines Maßnahmenplans bei der Prüfbehörde (31.12.2023)
4. Weitere Pflichten
Bei höheren Entlastungsbeträgen hat der Gesetzgeber die Entlastung an weitere Voraussetzungen geknüpft:
- Ab 2 Mio. € in 2023 gilt die Arbeitsplatzerhaltungspflicht. Betroffene Unternehmen müssen entweder eine Beschäftigungssicherungsvereinbarung der Tarifparteien bzw. eine entsprechende Betriebsvereinbarung vorlegen, oder sich verpflichten, mind. 90 % der am 01.01.2023 vorhandenen Arbeitsplatz-Vollzeitäquivalente bis mind. zum 30.04.2025 zu erhalten.
- Ab 25 bzw. 50 Mio. € gilt zudem ein Boni- und Dividendenverbot. Dabei ist eine Opt-out-Möglichkeit durch Verzicht auf eine Entlastung von mehr als 25 Mio. € vorgesehen.
5. Viele offene Fragen
Zum Vollzug und zur Auslegung der Preisbremsengesetze gibt es viele offene Fragen. Dies beginnt schon damit, dass die Bundesregierung Ende Februar 2023 noch immer nicht bestimmt hat, welche Behörde als Prüfbehörde zuständig sein wird.
Häufige Fragen beantwortet das Bundeswirtschaftsministerium in online veröffentlichten FAQs. Die dort enthaltenen Aussagen sollten allerdings nur mit Vorsicht zur Kenntnis genommen werden, da das Ministerium keine letztverbindliche Auslegung der vom Bundestag verabschiedeten Gesetze vornehmen kann. Einige der Fragen werden sich erst in Zukunft durch gerichtliche Entscheidungen klären lassen. Es ist nicht auszuschließen, dass diese von der Auffassung des Ministeriums abweichen werden.
Zu einigen besonders häufig aufkommenden Fragen kann verkürzt Folgendes gesagt werden:
- Ist ein freiwilliger Opt-out möglich, um von den Pflichten nicht betroffen zu werden? Explizit vorgesehen ist dies nur für das Boni- und Dividendenverbot. Eine rechtssichere Möglichkeit zum Opt-out gibt es im Übrigen zur Zeit nicht.
- Was sind krisenbedingte Energiemehrkosten? Zur Ermittlung dieser Kosten hat der Gesetzgeber eine Formel in die Anlage 1 zum StromPBG und EWPBG aufgenommen.
- Wann gelten Unternehmen als verbundene Unternehmen? Dies richtet sich nach der Definition in der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung und ist im Einzelfall zu prüfen.
Im Übrigen sollten Unternehmen, die von höheren Entlastungsbeträgen profitieren, sehr genau betrachten, von welchen der Regelungen sie erfasst werden. Verstöße können zu nicht unerheblichen Bußgeldern und Rückforderungen führen. Nur dadurch kann ausgeschlossen werden, dass die als Entlastung gedachte Maßnahme am Ende zu einer Belastung für das Unternehmen wird.