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Land NRW führt zeitliche Obergrenze für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen ein

Eigentlich war es längst überfällig. Das Bundesverfassungsgericht hatte es (zuletzt im Oktober 2021) den Gesetzgebern aller Bundesländer vorgegeben. Per Gesetz muss eine zeitliche Obergrenze für die Erhebung von (Erschließungs-) Beiträgen eingeführt werden. Bislang war es für die zuständigen Städte und Gemeinden – auch durch die eine solche Praxis gestattende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – möglich, die Festsetzung von Erschließungsbeiträgen im Grunde „auf ewig“ hinauszuschieben. So nicht, urteilte das Bundesverfassungsgericht und schob dieser Praxis einen Riegel vor: Irgendwann müssten die betroffenen Grundstückeigentümer wissen, ob und was sie für die erstmalige Herstellung einer Straße an Erschließungsbeiträgen zu zahlen haben. Das Bundesverfassungsgericht begründet das mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes und „erfand“ dafür das sog. Gebot der Belastungsklarheit und Vorhersehbarkeit. Darauf hat das Land nun reagiert und für NRW (kurz vor der Wahl) einen neuen § 3 des Ausführungsgesetzes zum Baugesetzbuch NRW erlassen, der am 01.06.2022 in Kraft getreten ist (LT-Drs. 17/16553, GV.NRW 2022, S. 671 f.).

Was heißt das jetzt im Einzelnen sowohl für die Gemeinden als auch für die betroffenen Eigentümer/innen von Grundstücken? Auf der Grundlage des neuen Gesetzes hat die Gemeinde jetzt 10 Jahre (für bestimmte Fälle übergangsweise 20 Jahre) Zeit, den Beitrag festzusetzen. Die Frist beginnt ab Eintritt der sog. Vorteilslage. Das ist der Zeitpunkt, in dem die Straße bautechnisch nach den Vorstellungen der Gemeinde programmgemäß fertiggestellt ist. Damit werden eine ganze Reihe von bereits fertigen Straßen im Land für die Gemeinden nicht mehr abrechenbar sein, da viele Straßen zwar bereits technisch fertig sind, es aber anderen (z. B. rechtlichen) Voraussetzungen fehlte, um den Erschließungsbeitrag erheben zu können. Das ist eine gute Nachricht für die betroffenen Eigentümer/innen, eine schlechte für die Gemeinden.

Zudem hat das Land in Anlehnung an eine Regelung aus dem Kommunalabgabengesetz des Landes Bayern in das neue Gesetz aufgenommen, dass für Straßen, mit deren erstmaliger Herstellung bereits vor 25 Jahren begonnen worden ist (und die bis heute noch nicht abgeschlossen) wurde, die Beitragspflicht ebenfalls nicht mehr festgesetzt werden darf, wobei die generelle (verfassungsrechtliche) Zulässigkeit dieser Regelung und ihre Auslegung im Einzelnen unklar ist. Vor allem diese Regelung war im Gesetzgebungsverfahren Gegenstand intensiver Diskussionen und wird mit Sicherheit Gegenstand vieler gerichtlicher Verfahren werden. Mit ihr soll der Handlungsspielraum der Kommunen noch weiter eingeengt werden.

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