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Wege aus der Erbengemeinschaft

Ist ein Erbfall eingetreten und sind aufgrund einer Verfügung von Todes wegen oder aufgrund gesetzlicher Erbfolge mehrere Miterben als Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen berufen, entsteht zunächst eine Erbengemeinschaft. Miterben können den Nachlass im Grundsatz nur gemeinschaftlich verwalten und gemeinschaftlich über Nachlassgegenstände verfügen. Die Erbengemeinschaft ist damit nicht auf Dauer, sondern auf Auseinandersetzung angelegt. Nach dem gesetzlichen Leitbild sind zunächst die Nachlassverbindlichkeiten zu berichtigen, nicht teilbare Nachlassgegenstände in Geld umzusetzen, um den verbleibenden Nachlass schließlich entsprechend der Erbquoten unter den Miterben aufzuteilen. Die Miterben sind jedoch relativ frei darin, die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft einvernehmlich, auch abweichend von den gesetzlichen Vorgaben, zu gestalten. Um einen möglichst zweckmäßigen, wirtschaftlich sinnvollen und streitvermeidenden Weg aus der Erbengemeinschaft zu finden, sollten jedoch sämtliche Möglichkeiten in den Blick genommen und gegeneinander abgewogen werden.

1. Erbauseinandersetzung

Die „klassische Form“ der Teilung der Erbengemeinschaft ist die Vereinbarung eines Erbauseinandersetzungsvertrages mit dem der Nachlass aufgeteilt wird. Ein solcher Vertrag kann im Grundsatz formfrei geschlossen werden, z. B. soweit etwa nur Bank- und Wertpapierguthaben betroffen sein sollte. Gehört dagegen Grundbesitz, Wohnungs-/Teileigentum oder ein GmbH-Geschäftsanteil zum Nachlass, bedarf ein solcher Vertrag der notariellen Beurkundung. Rechtlich wird dabei jeder einzelne Nachlassgegenstand „in die Hand genommen“ und aus dem Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft in das jeweilige alleinige Vermögen der Miterben übertragen.

Auf eine nur teilweise Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft hat keiner der Miterben Anspruch. Einvernehmlich ist dies jedoch in jedem Fall möglich. Praktisch geschieht dies häufig bei der Aufteilung von Hausrat, persönlicher Habe, Schmuck und Kunstgegenständen, aber etwa auch beim Verkauf eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks, wenn der vereinbarte Kaufpreis nicht auf ein Nachlasskonto, sondern unmittelbar entsprechend der Erbquoten auf die Konten der Miterben gezahlt wird. 

2. Erbteilsübertragung / Erbteilskauf

Neben der Erbauseinandersetzung, bei der letztlich sämtliche Aktiva und Passiva betrachtet werden müssen, besteht auch die Möglichkeit, dass ein Miterbe seinen Erbteil gegen Abfindung an einen oder mehrere Miterben überträgt. Denkbar ist auch der Verkauf an einen Dritten, wobei den übrigen Miterben in diesem Fall ein Vorkaufsrecht zusteht. Vereinigt ein Miterbe sämtliche Erbteile in seiner Hand, endet die Erbengemeinschaft und ihm wächst das gesamte zum Nachlass gehörende Vermögen an.

Die Übertragung eines Erbteils bedarf stets der notariellen Beurkundung. Im Rahmen einer Erbengemeinschaft kommt es aufgrund der gemeinschaftlichen Verwaltung sämtlicher Nachlassgegenstände nicht selten zu Streitigkeiten über zahlreiche Einzelfragen und einer gegenseitigen Blockade der Miterben, die in Summe im Rahmen der klassischen Erbauseinandersetzung nur noch schwer lösbar ist. Insbesondere in solchen Fällen sollte das Ausscheiden eines oder mehrerer Miterben durch Erbteilsübertragung gegen finanziellen Ausgleich in Betracht gezogen werden, da auf diesem Wege eventuell bestehende Hemmnisse in der gemeinschaftlichen Verwaltung behoben und klare Zuordnungen geschaffen werden können. Aus Sicht des den Erbteil übertragenden Erben ist jedoch unbedingt auch zu beachten, dass er trotz Übertragung des Erbteils von Nachlassgläubigern weiterhin für Verbindlichkeiten in Anspruch genommen werden kann. Im Verhältnis zu dem Übernehmer des Erbteils ist somit ein Anspruch auf Freistellung zu begründen.

3. Abschichtung

Wenig bekannt, aber unbedingt mit in Erwägung zu ziehen, ist die sogenannte Abschichtung. Diese ist gesetzlich nicht geregelt, aber in der Praxis von der Rechtsprechung anerkannt. Im Rahmen der Abschichtung kann ein Miterbe durch Vereinbarung mit den übrigen Miterben – in der Regel gegen Abfindung – aus der Erbengemeinschaft ausscheiden. Der Anteil wächst dann den übrigen Miterben an. Verbleibt danach nur ein Miterbe, ist die Erbengemeinschaft aufgelöst. Die Abschichtung ist somit mit der Erbteilsübertragung durchaus vergleichbar und schafft insbesondere klare Zuordnungen, ohne dass eine Vereinbarung über einzelne Nachlassgegenstände getroffen werden muss. Die Abschichtungsvereinbarung muss im Vergleich zur Erbteilsübertragung nicht notariell beurkundet werden, was insbesondere bei größeren Nachlässen die Transaktionskosten spürbar reduzieren kann.

Für die Berichtigung des Grundbuchs aufgrund einer solchen Abschichtungsvereinbarung genügt es, die Unterschriften der Miterben notariell beglaubigen zu lassen. Die Grundbuchberichtigung ist innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall kostenfrei möglich. Dabei ist zu beachten, dass dieses Kostenprivileg auch genutzt werden kann, wenn die Eigentumsumschreibung ohne Zwischeneintragung sämtlicher Mitglieder der Erbengemeinschaft aufgrund Erbauseinandersetzung, Erbteilsübertragung oder Abschichtung unmittelbar auf einen oder mehrere Miterben erfolgt.

4. Vermittlung durch einen Notar

Schließlich ist es auch möglich, bei einem Notar zu beantragen, die Auseinandersetzung des Nachlasses zwischen den Beteiligten zu vermitteln. Dieser lädt die Beteiligten zu einem Verhandlungstermin und hat eventuell getroffene Vereinbarungen zu beurkunden oder einen Plan für die Auseinandersetzung anzufertigen, sobald diese stattfinden kann. Dieses Verfahren hat gegenüber den übrigen Arten der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft jedoch eine sehr geringe praktische Bedeutung, da es mit erheblichem Aufwand verbunden ist und der Notar aufgrund seiner lediglich vermittelnden Stellung das Verfahren bei Streitigkeit, z. B. über die Wirksamkeit des Testamentes, die Zugehörigkeit eines Gegenstandes zum Nachlass oder das Bestehen und die Höhe von Ausgleichungspflichten, bis zur Erledigung dieser Streitpunkte auszusetzen hat. Es wird daher regelmäßig ein Weg aus der Erbengemeinschaft ohne entsprechendes Vermittlungsverfahren gefunden. Welche der verschiedenen Möglichkeiten passend ist, muss jeweils im Einzelfall abgewogen werden.

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