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Aktuelle Themen Wirtschafts- und Steuerstrafrecht

Wettbewerbsregister – Ernstfall Abfragepflicht

Lange ist es vorbereitet worden – nun besteht seit dem 1. Juni 2022 die Pflicht für die öffentlichen Auftraggeber, vor einem Zuschlag einen Blick in das Wettbewerbsregister zu werfen. Die dortigen Eintragungen über im Unternehmen begangene Straftaten und Ordnungswidrigkeiten können entscheidenden Einfluss auf die Vergabeentscheidung haben, denn je nach Schwere ist ein Ausschluss vom Vergabeverfahren zwingend.

Arbeitgeber stehen schnell im Fokus der Strafverfolgungsbehörden: Bei der Beauftragung von Subunternehmern droht die Verfolgung wegen Scheinselbständigkeit. Die Nichtzahlung des Mindestlohns wegen Verletzung tarifvertraglicher Sonderbestimmungen kann empfindliche Geldbußen auslösen wie auch Fehler bei der Beschäftigung von Ausländern. Unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung ruft ebenfalls die Behörden auf den Plan.

Die Liste der ins Wettbewerbsregister einzutragenden Taten ist lang. Neben den bereits Erwähnten stehen natürlich auch Betrugstaten, wettbewerbswidrige Absprachen und Steuerhinterziehung ganz oben auf der Liste der Vergabehüter. Letztere werden immer eingetragen, andere nur dann, wenn eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten (entspricht einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen) oder ein Bußgeld von 2.500,00 € verhängt wurde.

Gerade die durchaus niedrig angesetzte Grenze bei Geldbußen kann zukünftig gefährlich für die Unternehmen werden, denn anders als im Strafrecht wird für jede Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße erhoben und dann zu einer Gesamtgeldbuße addiert, wobei es keinen Abschlag gibt. Wenn man anschließend berücksichtigt, dass im Falle von Mindestlohnunterschreitungen für jeden Arbeitnehmer und jeden Monat eine Geldbuße verhängt wird, wird schnell klar, wie schnell die angesetzten Grenzen überschritten werden können.

Hinzu kommt, dass die Eintragungen im Wettbewerbsregister erst nach 3 bzw. bei schwereren Verstößen nach 5 Jahren gelöscht werden. Ausnahmen sieht das Gesetz nur durch den Prozess der sog. Selbstreinigung vor, d. h. das betroffene Unternehmen weist in einem gesonderten Verfahren nach, dass der Sachverhalt um die Verfehlung aufgearbeitete, die richtigen Schlussfolgerungen daraus gezogen und Maßnahmen zur Verhinderung gleichgelagerter Verstöße in der Zukunft ergriffen worden sind (Stichwort „Compliance“).

Zur Eigenkontrolle sollten Unternehmen in regelmäßigen Abständen eine Selbstauskunft aus dem Wettbewerbsregister ziehen, um darüber Kenntnis über entsprechende Einträge zu erhalten, auch wenn die Registerbehörde verpflichtet ist, das betroffene Unternehmen vor einer entsprechenden Eintragung anzuhören. Eine anlasslose Abfrage durch Bevollmächtigte (z. B. den anwaltlichen Berater) ist per Gesetz ausgeschlossen. Die Selbstauskunft ist schriftlich nur durch beglaubigte Unterschrift sowie elektronisch bei vorheriger elektronischer Identifizierung möglich.

In die aktive Verteidigung von Unternehmensstraftaten und -ordnungswidrigkeiten müssen daher spätestens seit dem 1. Juni 2022 Überlegungen über die außerstrafrechtlichen Rechtsfolgen einer Sanktion nach dem Wettbewerbsregister einbezogen werden. Selbst kleinere Unternehmenssanktionen in Form von Bußgeldern können bei Überschreiten der Grenzen teure Folgemaßnahmen auslösen, auch wenn kein direkter Ausschluss von einem Vergabeverfahren droht, sondern ein Selbstreinigungsprozess begonnen werden muss.

Die sich um öffentliche Aufträge bewerbenden Unternehmen müssen – unabhängig von dem grundsätzlichen Anspruch, jegliche straf- und bußgeldrechtlichen Verstöße zu verhindern – noch zielgerichteter ihre internen Überwachungsstrukturen auf die eintragungspflichtigen Verfehlungen ausrichten. Es ist zudem nicht unwahrscheinlich, dass der Katalog eintragungspflichtiger Taten zukünftig ergänzt wird, so dass auch diese Gesetzesentwicklung im Auge zu behalten ist.

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