Mehrheitserfordernisse bei Beschluss über Gesamtvermögensgeschäft

Wiederholt hat sich der BGH (Urteil vom 08.07.2025, II ZR 137/23) mit der Frage auseinander-gesetzt, ob bei der Veräußerung des einzigen Vermögensgegenstandes und damit des gesam-ten Vermögens die Gesellschafter mit einer qualifizierten Mehrheit zustimmen müssen.

 

Ausgangspunkt ist eine Regelung im Aktiengesetz: Nach § 179 a AktG bedarf ein Vertrag, durch den sich eine Aktiengesellschaft zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens verpflichtet, auch dann eines Beschlusses der Hauptversammlung, wenn damit nicht eine Än-derung des Unternehmensgegenstandes verbunden ist. Dieser Beschluss erfordert eine ¾ Mehrheit des bei Beschlussfassung vertretenen Kapitals.

 

Schon im Jahr 2019 hat der BGH die analoge Anwendbarkeit von § 179 a AktG für die GmbH verneint (BGH, Urteil vom 08.01.2019, II ZR 364/18), im Jahr 2022 entschied er ebenso für die gesetzestypische Kommanditgesellschaft (BGH, Urteil vom 15.02.2022, II ZR 235/20). Offen gelassen hatte der BGH die Frage, ob § 179 a AktG auf die Publikums-KG anzuwenden ist, „bei denen die Struktur einer Aktiengesellschaft angenähert ist und die Einwirkungsmöglichkeiten des Kommanditisten denjenigen eines Aktionärs vergleichbar gering sind“. Nun hat der Senat in Fortführung seiner Rechtsprechung auch für die Publikums-KG die analoge Anwendbarkeit von § 179 a AktG verneint (BGH, Urteil vom 08.07.2025, II ZR 137/23).

 

Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Beschluss über die Veräußerung des gesamten Vermö-gens generell nur mit einfacher Mehrheit zulässig ist. Vielmehr ist für die Frage der Zulässig-keit eines solchen Beschlusses inhaltlich zu prüfen, ob ggf. gesellschafterliche Treuepflichten der Mehrheit gegenüber der Minderheit verletzt sind, ob der Beschluss unverzichtbare Mit-gliedschaftsrechte verletzt oder ob ein treuwidriger Missbrauch der Mehrheitsmacht vorliegt.

 

Kommanditisten einer Publikums-KG ist daher in erster Linie dringend zu empfehlen, sich über die konkreten Zustimmungs- und Mehrheitserfordernisse vor ihrem Beitritt kundig zu machen, da es einen § 179 a AktG vergleichbaren Schutz für Gesamtvermögensgeschäfte nicht gibt. Der Minderheitsgesellschafter hat später (nur) die Möglichkeit, eine gerichtliche Überprüfung des Beschlusses herbeizuführen.