
Risiken und Nebenwirkungen von Earn-out's
I. Sogenannte „Earn-Outs“ und ihre Hintergründe
Im Rahmen von Unternehmenstransaktionen stellt sich das Problem, dass naturgemäß der Sache der Käufer und Verkäufer unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie gewinnbringend das Unternehmen in der Zukunft sein wird. Hieraus folgt, dass der Verkäufer einen höheren Kaufpreis verlangt, als der Käufer bereit zu zahlen ist. Zur interessengerechten Lösung dienen die sogenannten „Earn-Out“ - Vereinbarungen“. Diesen liegt die Annahme zugrunde, dass wenn der Verkäufer den Erfolg seines Unternehmens richtig einschätzen würde, der Käufer bereit wäre, einen höheren Kaufpreis zu zahlen. Der Kaufpreis besteht bei Unternehmenstransaktionen dann aus einem festen Grundbetrag und einem zweiten Kaufpreisanteil – dem sogenannten „Earn-out“. Diesen „Earn-out“ zahlt der Käufer nur dann, wenn sich die Erwartungen des Verkäufers, gemessen an einer vereinbarten Zielgröße (z.B. „EBIT“ = „earnings before interest and taxes“) innerhalb eines bestimmten Zeitraums erfüllen.“. Dies erscheint insoweit als ein „fairer deal“: Der Verkäufer erhält den höheren Kaufpreis, wenn sich seine Einschätzungen als zutreffend erweisen, welches für den Käufer insoweit akzeptabel ist, da sich der Erfolg des Unternehmens schließlich bestätigt hat.
II. Das Konfliktpotential und die Absicherung
So vielversprechend die Vereinbarung eines „Earn-Outs“ für beide Parteien nun klingen mag, stellt sie für den Verkäufer jedoch auch ein gewisses Risiko dar. Diese Risiken lassen sich auf folgende drei Konfliktpotentiale zurückführen:
Da wäre zunächst einmal der Interessenkonflikt: Kurz und einfach gesagt möchte der Verkäufer den „Earn-out“ als zusätzlichen Kaufpreis erreichen, während der Käufer diesen (aus wirtschaftlichen Gründen) vermeiden möchte. Hierzu könnte der Verkäufer etwa durch unternehmerische Maßnahmen den Jahresgewinn in eine spätere, nicht mehr Earn-Out-relevante Phase verschieben.
Ferner verliert der Verkäufer die Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten über das Unternehmen, da die operative Führung des Unternehmens auf den Käufer übergeht.
Aus letzterem folgt auch eine gewisse „Informationsasymetrie“ des Käufers gegenüber dem Verkäufer, da nach Übergang der Geschäftsanteile der Verkäufer von jedem Wissenszugang zum verkauften Unternehmen abgeschnitten ist.
Zur Lösung dieser drei Konfliktfelder kann vertraglich geregelt werden, dass dem Verkäufer gewisse Auskunftsansprüche eingeräumt werden; eine neutrale Instanz – z.B. ein Wirtschaftsprüfer – das Erreichen der wirtschaftlichen Zielgröße überprüft und dem Käufer bestimmte Beschränkungen auferlegt werden, etwa das Unternehmen „im normalen Geschäftsbetrieb“ weiterzuführen oder bestimmte „gewinngefährdende Aktionen“ zu unterlassen.
III. Streitige Auseinandersetzungen
Was aber, wenn es nun zur streitigen Auseinandersetzung zwischen den Parteien kommt?
Schiedsklauseln in den Unternehmenskaufverträgen verhindern, dass streitige Verfahren vor den (öffentlichen) Zivilgerichten, sondern vor Schiedsgerichten stattfinden. Beweggrund ist hier, dass sich die Parteien von einem Schiedsgericht besseres Fachwissen erhoffen und die Vertraulichkeit von Verfahren vor dem Schiedsgericht (gegenüber den öffentlichen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten) vorziehen.
Streitige Verfahren drehen sich dabei um folgende drei Themen:
Da wäre zunächst einmal der Streit um das Erreichen der Zielvorgabe.
Hierzu sind in den Verträgen Regelung aufzunehmen, dass im Falle einer fehlenden Einigung zwischen den Parteien ein Schiedsgutachten durch einen neutralen Wirtschaftsprüfer erstellt wird und dieser den aufgestellten Jahresabschluss überprüft. Diese Entscheidung des Schiedsgutachters ist sodann verbindlich und mit einem nicht unerheblichen Entscheidungsspielraum verbunden. Eine Überprüfung durch das Schiedsgericht ist nur in engen Grenzen, nämlich bei „offensichtlicher Unrichtigkeit“ möglich. Hier können schiedsgerichtliche Auseinandersetzungen drohen rund um die Fragen der richtigen Bilanzierung von einzelnen Positionen der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung; Umfang der Entscheidungskompetenz des Schiedsgutachters (Klärung von Rechtsfragen) sowie etwaiger Verfahrensfehler durch den Schiedsgutachter.
Weiteres Konfliktfeld könnend die Gründe für die fehlende Zielerreichung sein. Der Verkäufer wirft dabei dem Käufer vor, die Zielvorgabe für den Earn-Out aufgrund einer falschen Unternehmensführung verfehlt zu haben. Hiergegen kann sich der Verkäufer durch die Vereinbarung von den oben bereits genannten Beschränkungen („Covenants“) absichern. Werden diese verletzt, begründet dies einen Schadensersatzanspruch wegen einer Vertragsverletzung. Fehlen derartige Beschränkungen, kann auf diverse gesetzliche Anspruchsgrundlagen zurückgegriffen werden, deren Erfolg jedoch offen ist.
IV. Fazit
„Earn-Out“ - Vereinbarungen sind im Interesse des Käufers und bergen für den Verkäufer gewisse Risiken. Bei der richtigen vertraglichen Ausgestaltung können diese Risiken jedoch begrenzt werden, streitige Verfahren vorgebeugt und dem Käufer so die realistische Chance auf die Realisierung der zweiten Kaufpreiskomponente ermöglichen.