
Teil 1: Wie eine Vorsorgevollmacht den Fortbestand eines Unternehmens bei Geschäftsunfähigkeit sichert
Ein plötzlicher Unfall oder eine schwere Krankheit können dazu führen, dass ein Unternehmer von einem Tag auf den anderen nicht mehr geschäftsfähig ist. Ohne vorherige Regelungen gerät dann nicht nur seine persönliche Versorgung, sondern auch das Unternehmen in Gefahr. Ein plötzlicher Ausfall des Unternehmers kann ohne Vorsorgevollmacht dazu führen, dass das Unternehmen handlungsunfähig wird und wichtige Entscheidungen blockiert sind. Kaum jemand denkt im Tagesgeschäft gerne an solche Worst-Case-Szenarien – doch fehlende Vorsorge kann ein Lebenswerk gefährden.
Worst-Case: Was passiert bei Geschäftsunfähigkeit ohne Vorsorge?
Geschäftsunfähigkeit bedeutet, dass eine Person in rechtlicher Sicht keine wirksamen Entscheidungen mehr treffen kann – zum Beispiel durch einen Unfall, eine akute Krankheit oder eine fortschreitende Demenz. In einem solchen Fall kann ein Unternehmer weder Verträge abschließen noch Bankgeschäfte tätigen, Personalentscheidungen treffen, Gesellschafterrechte ausüben oder strategische Weichenstellungen vornehmen. Viele gehen davon aus, dass nahe Angehörige wie Ehepartner oder Kinder im Ernstfall handeln dürfen, doch rechtlich besteht dafür ohne Vollmacht keine automatische Vertretungsbefugnis. Ohne eine spezielle Vollmacht darf niemand allein aufgrund familiärer Beziehung Unternehmensentscheidungen übernehmen.
Fehlt eine Vorsorgevollmacht, muss ein Betreuungsgericht einen Betreuer bestellen, der die Angelegenheiten des Unternehmers regelt. Dieser gesetzliche Betreuer muss nicht aus dem familiären Umfeld stammen. Es kann sogar ein dem Unternehmer völlig Unbekannter sein, den das Gericht als geeignet ansieht. Bis ein Betreuer bestellt und eingearbeitet ist, kann es zu erheblichen Verzögerungen kommen: Verträge können nicht abgeschlossen, laufende Zahlungen nicht freigegeben und unternehmerische Entscheidungen nicht getroffen werden. Gerade Familienunternehmen riskieren ohne klare Vorsorgeregelung, dass die gewünschte familieninterne Nachfolge ins Stocken gerät oder von Dritten beeinflusst wird. Dennoch hat nach statistischen Erhebungen ein Großteil der Bevölkerung – Verbraucher wie Unternehmer – bisher keine Vorsorgevollmacht errichtet. Es besteht also Handlungsbedarf, um den Fortbestand des Unternehmens im Notfall zu sichern.
Rechtliche Vorsorge: Die Unternehmervollmacht
Eine Vorsorgevollmacht (hier oft Unternehmervollmacht genannt) ist eine besondere Form der Vollmacht, mit der ein Unternehmer eine Vertrauensperson bevollmächtigt, im Falle seiner Geschäftsunfähigkeit im Unternehmen zu handeln. Tritt der Ernstfall ein, können die Bevollmächtigten sofort nötige Entscheidungen treffen. Der große Vorteil: Der Bevollmächtigte kann schnell und flexibel agieren, ohne dass erst ein Betreuer durch ein Gericht eingesetzt werden muss. Außerdem bestimmt der Unternehmer selbst, wer im Krisenfall das Ruder übernimmt und die Firma in seinem Sinne weiterführt.
Der Unternehmer kann die Vollmacht – je nach Bedarf und Wunsch – auf bestimmte Bereiche beschränken (z. B. Finanzen, Personal) oder umfassend für alle Unternehmensbereiche vorsehen (Generalvollmacht). Für eine verlässliche Nutzung im Ernstfall empfiehlt es sich, die Vollmacht nicht nur schriftlich, sondern notariell zu erstellen. Nur dann ist sichergestellt, dass sie von Behörden, aber auch Banken und Geschäftspartnern akzeptiert wird.
Lässt der Unternehmer die Vorsorgevollmacht notariell beglaubigen, sollte er mehrere beglaubigte Ausfertigungen anfertigen lassen. So kann die bevollmächtigte Person im Ernstfall auch dann handeln, wenn ein Exemplar verlegt wurde oder kurzfristig nicht zur Verfügung steht. Wenn der Unternehmer sich für eine notarielle Beurkundung seiner Vollmacht entscheidet, besteht einer der Vorteile der Beurkundung darin, dass nicht mehrere Ausfertigungen gleichzeitig erstellt werden müssen. Der Notar kann vielmehr auf Wunsch auch später jederzeit weitere Ausfertigungen anfertigen – etwa dann, wenn ein Exemplar verloren geht oder nicht auffindbar ist.
→ Im zweiten Teil dieser Beitragsreihe erfahren Sie, welche konkreten Schritte Sie jetzt unternehmen können, um eine wirksame Unternehmervollmacht zu errichten, und welche typischen Fehler dabei vermieden werden sollten.